Die Kritik hat diesen Film nicht wirklich geliebt. Doch, hey, es waren eben die Neunziger! Und der Soziopath, den Robert De Niro hier gegeben hat, gehört sicher zu den intensivsten Rollen dieses Genres. Und dafür lohnt sich der Film auch fast 30 Jahre später noch.
Ein richtiger „Blockbuster“ war er nicht, dieser Sport-Psycho-Thriller, doch für De Niro und Snipes wird der „Paycheck“ mindestens angemessen gewesen sein, denn für Kleingeld sind beide zu seiner Zeit schon lange nicht mehr aufgetreten. Und Tony Scott war sozusagen ein Garant für Popcorn und viel Geld. Denn der ehemalige Werbefilmer hatte ein Auge und ein Gespür für den Zeitgeist, wie damals nur wenige andere.
So war er unter anderem für den ziemlich unsäglichen Tom Cruise US-Air-Force-Werbefilm und Megaseller „Top Gun“ (1986) oder den folgenden Top-Gun-Auf-Rädern-Aufguss „Days of Thunder“ (1990) verantwortlich, aber auch für etwas so wundervoll schräges wie „True Romance“ (1993), einem meiner ewigen Lieblingsfilme der Dekade.
Da war also damals für mich schon eine Menge Ambivalenz im Spiel, mir diesen Film überhaupt anzusehen. Doch es lohnt sich, unbedingt. Und sei es nur für De Niro.
Denn hier bekommen wir den De Niro, der kurz zuvor erst einen anderen großen Psychopaten auf die Leinwand gebracht hat. „Cape Fear“ von Martin Scorsese war nicht nur ein Remake eines großen Klassikers. Es war auch ein Tribut an das alte Hollywood. Und De Niros Max Cady stand für mich in enger verwandschaftlicher Beziehung zu Travis Bickle, zu Rupert Pupkin und schießlich dem Gil Renard unter Tony Scott.
Am Ende ist „The Fan“ ein Film, der zu einer anderen Zeit, mit weniger Produktionsbombast und, vor allem auch einem nur etwas subtileren Soundtrack (Hans Zimmer), eine weitere große psychologische Studie der Extreme von Stalking und der Abgründe von labilen „Fans“ hätte werden können. Hier gibt es sehr, sehr gute Darsteller, eine interessante Prämisse und – einmal davon abgesehen, dass Baseball außerhalb der USA und Japans vermutlich nicht der größte Publikumsmagnet ist – eine spannende Storyline.
Dass wir den Film eines Tages als Klassiker feiern werden, ist unwahrscheinlich. Und das hat alles mit der Rezeptur des Popcorns zu tun. Zuviel davon, ist selten bekömmlich. Ich muss dennoch immer wieder zugreifen.
Thriller, USA, 1996, FSK: ab 12, Regie: Tony Scott, Drehbuch: Phoef Sutton, Produktion: Wendy Finerman, Musik: Hans Zimmer, Kamera: Dariusz Wolski, Schnitt: Christian Wagner, Claire Simpson, Mit: Robert De Niro, Wesley Snipes, Ellen Barkin, John Leguizamo, Benicio del Toro, Patti D’Arbanville, Charles Hallahan, Michael Jace, Dan Butler, Kurt Fuller, Frank Medrano, Don S. Davis, Brad William Henke
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